Burg Wolfsegg - Ritterburg und Geisterschloss

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Am 26. Januar 1933 war es endlich soweit. Nach zähen Verhandlungen konnte Georg Rauchenberger den Kaufvertrag unterzeichnen. Nun war er Herr über Burg Wolfsegg. Dabei entsprang die Idee zum Kauf keineswegs der Eitelkeit eines Mannes, der sich selbst Burgherr nennen wollte. Es war ehrliche Sorge um ein Bauwerk, das im Begriff war gänzlich zu verfallen. Rauchenberger wusste von der wechselhaften Geschichte der Burg und hatte es sich zur Aufgabe gemacht, das alte Burggemäuer zu erhalten und für die Nachwelt zu bewahren. Errichtet wurde Burg Wolfsegg wohl vom namensgebenden Wolf von Schönleiten um 1300. Dabei mag es nicht verwundern, dass er sich bei der Errichtung seines befestigten Wohnsitzes ausgerechnet für diesen Bauplatz entschieden hatte. Auf einem Felskegel inmitten einer Talsenke wirkt die Burg nicht nur wehrhaft und trutzig, sondern zeigt auch schon von der Ferne an, wer in dieser Gegend das Sagen hat. Doch der Fels unter der Festung bietet noch weit mehr als nur eine gute Aussicht. Unsichtbar für die Augen von Feinden oder Besuchern befindet sich unter Burg Wolfsegg eine etwa 500m lange Höhle. Im Mittelalter nutzten man die Tatsache, dass in den Tiefen der Höhle frisches Wasser zu finden war – ein Umstand, der in den ansonsten zumeist wasserarmen Karstflächen der Umgebung von großem strategischem Vorteil war. Dabei war das Wasserholen aus den Tiefen der Tropfsteinhöhle keine einfache Aufgabe. Zwei Schächte mit insgesamt 25m Tiefe mussten überwunden werden. So wurde in späterer Zeit die Höhle schließlich nur noch als Abfallgrube genutzt und der Höhleneingang zuletzt gänzlich verschlossen. Heute dient die nicht öffentlich zugängliche Höhle einer Vielzahl von heimischen Fledermäusen als Quartier. Doch so stattlich und stabil die Burg auch über der Ortschaft Wolfsegg thront, ihre Geschichte war überaus wechselhaft. Im 14. Jahrhundert bereits fiel die Burg an die Herzöge von Bayern und wechselte von da an in den folgenden Jahrhunderten immer wieder als Lehen, Pfand oder Verkaufsgut den Besitzer. Wolfsegg hatte dabei das Glück militärisch nur von geringer strategischer Bedeutung zu sein. Daher wurde die Festung nie von Kriegshandlungen zerstört. Dennoch verfiel die einst stattliche Burg zuletzt zusehends. So mancher hat die Burg aber wohl auch gemieden, weil er Angst vor dem Geist von Wolfsegg hatte – der weißen Frau. Sie soll seit dem 15. Jahrhundert auf Burg Wolfegg umgehen und zahlreiche Menschen schwören einen Geist in Form einer Frau in weißem Leinengewand in den Burggemäuern gesehen zu haben. Die Erscheinung der Weißen Frau von Wolfsegg geht auf eine tragische Geschichte zurück. Einst war der Burgherr auf Reisen und ließ seine Frau allein auf der Festung zurück. Diese war mit der Verwaltung des Besitzes überfordert und holte sich Rat und Unterstützung beim Inhaber der benachbarten Herrschaft. Dieser unterstützte sie bereitwillig. Als aber der Burgherr wieder von seiner Reise zurückkehrte, verdächtigte er beide des Ehebruchs! In seinem Grimm ermordete er darauf seine zu Unrecht verdächtigte Gattin. Und seither soll sie als Weiße Frau nachts in der Burg umgehen. Dass diese Geschichte in Wolfsegg erst seit dem 20. Jahrhundert populär geworden ist und die meisten Nebel- und Lichterscheinungen erst im letzten Jahrhundert gesichtet wurden, tut dem Grusel um Weiße Frau von Wolfsegg keinen Abbruch. Für Georg Rauchenberger aber war eines in jedem Fall klar: Diese Burg voller Geschichte und Geschichten musste erhalten werden. Mit viel Mühe und unter persönlichem Einsatz sollte es ihm auf diese Weise gelingen die Burg vor dem endgültigen Verfall zu bewahren. Und so lädt Burg Wolfsegg auch heute seine Besucher ein, beim Durchschreiten des Burgtores gleichermaßen einen Sprung in die mittelalterliche Vergangenheit zu unternehmen.

© Foto: Stefan Gruber